Erschreckende Zahlen der Bundesregierung zeigen: Tierhaltungsbetriebe in Niedersachsen werden im Durchschnitt nur alle 21 Jahre kontrolliert -Tierrechtler fordern mehr Kontrollen und die Abschaffung der Nutztier-Industrie
Anfang des Monats hat die Bundesregierung im Rahmen der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP (Drucksache 19/3195) erschreckendes Zahlenmaterial zu Kontrollen in deutschen Tierhaltungsbetrieben veröffentlicht. So werden diese in Deutschland nicht nur sehr selten, sondern im Durchschnitt nur alle 17 Jahre kontrolliert. Dabei sind die Kontrollen in Bundesländern, die eine sehr hohe Dichte an so genannten Nutztieren und damit verhältnismäßig viele Mast- und Zuchtbetriebe haben, am seltensten. In Niedersachsen mit rund 95.000 Nutztierbetrieben finden Kontrollen im Schnitt nur alle 21 Jahre statt.
Auch der Grund für die wenigen Kontrollen wird durch die Antwort der Bundesregierung deutlich: Es fehlt an ausreichendem Personal. Insgesamt gibt es bundesweit nur knapp 15.000 Stellen für über 640.000 zu kontrollierende Betriebe. Auch hier fallen die Bundesländer mit den meisten Nutztierbetrieben erneut auf. So hat Niedersachsen bei 95.000 Betrieben nicht einmal 2.500 Kontrolleure. Von über 16.300 Betrieben mit Schweinehaltung wurden 2017 nicht einmal 1.000 kontrolliert – und bei der Hälfte der Kontrollen gab es Beanstandungen. „Die Zahlen sind ein Armutszeugnis für die Bundesregierung und die zuständigen Landesbehörden. Hier versagt alles, was nur versagen kann“, empört sich Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Tierschutzbüros, und ergänzt: „Wenn die zuständigen Behörden nicht in der Lage sind, Tierhaltungsbetriebe regelmäßig zu kontrollieren, dann muss dringend gehandelt werden.“
Eine Sofortmaßnahme sieht das Deutsche Tierschutzbüro darin, dass tausende neue Kontrolleure eingestellt werden. Zudem sollten keine weiteren Genehmigungen für die Erweiterung und den Neubau von Tierhaltungsanlagen erteilt werden, solange diese nicht regelmäßig überprüft werden können. Nach dem Willen der Tierrechtler sollten die Betriebe mindestens zweimal im Jahr unangekündigt kontrolliert werden. „Eine Kontrolle alle 6 Monate wäre das Mindeste. Gleichwohl setzen wir uns langfristig für die komplette Abschaffung der Massentierhaltung und der sogenannten Nutztierhaltung ein, denn Tiere wollen in Freiheit leben und nicht unter den Zuständen in der Nutztierindustrie“, so Peifer.
Aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage wird auch deutlich, dass, wenn kontrolliert wird, viele Betriebe durch Verstöße auffallen. Auch hier führen die Negativ-Liste wieder die Bundesländer mit der höchsten Nutztierdichte an. So wurden letztes Jahr in Niedersachsen 4.487 Betriebe kontrolliert, dabei gab es in 1.326 Betrieben Beanstandungen (also bei 30% der kontrollierten Betriebe). „Wenn man schon so wenige Betriebe kontrolliert und dabei so häufig Mängel vorfindet, dann müssten doch längst alle Alarmglocken läuten! Ich kann nicht verstehen, warum die Behörden nicht handeln und nicht durchgreifen“, so Peifer.
Statt mehr Kontrolleure einzustellen, will die Bundesregierung härter gegen Tierrechtsorganisationen, die Bildmaterial aus heimlichen Stallkontrollen veröffentlichen, vorgehen. Die Aktivisten des Deutschen Tierschutzbüros fühlen sich aufgrund des veröffentlichten Zahlenmaterials und der Untätigkeit der Bundesregierung bestärkt in ihrem Vorgehen: „Statt gegen Organisationen wie uns vorzugehen, sollte die Regierung endlich handeln und Betriebe mehr kontrollieren und sanktionieren“, kritisiert Peifer. Als jüngstes Beispiel führen die Tierrechtler das Schweinehochhaus in Maasdorf bei Halle an. „Jahrelang hat die zuständige Behörde weggeschaut beziehungsweise beide Augen fest zugedrückt. Erst unsere Enthüllungen und Videobeweise führten dazu, dass die Staatsanwaltschaft nun gegen die Verantwortlichen ermittelt“, so Peifer. Eine aktuelle Emnid-Umfrage im Auftrag der führenden Tierrechtsorganisationen PETA, ARIWA, tierretter.de, SOKO Tierschutz, Animal Equality und Deutsches Tierschutzbüro zeigt, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung es für legitim hält, wenn heimliche Stallkontrollen von Aktivisten durchgeführt und diese von Tierrechtsorganisationen veröffentlicht werden. „Millionen von Tieren leiden jährlich in der qualvollen Massentierhaltung. Diesen Tieren muss jetzt geholfen werden! Wenn die Politik dies nicht kann oder will, muss der Verbraucher handeln und tierische Produkte durch pflanzliche Alternativen tauschen, denn nur so kann den Tieren wirklich und nachhaltig geholfen werden“, so Peifer abschließend.
Die vollständige Beantwortung der Kleinen Anfrage finden Sie auf der Website des Deutschen Tierschutzbüros!
Das Deutsche Tierschutzbüro e. V. ist ein eingetragener Verein, der sich für mehr Rechte von Tieren einsetzt. Die bundesweit tätige Organisation ist als besonders förderungswürdig anerkannt und gemeinnützig.
Weitere Informationen unter http://www.tierschutzbuero.de/
Berlin/Hannover, 19.07.2018.